Klinik ade - Berlins Psychiatrie geht neue Wege


 

Kaum ein Bereich des Gesundheitswesens ist in den vergangenen zehn Jahren derart umgewälzt worden wie die Psychiatrie. Noch bis in die 80er Jahre hinein waren Großheime mit riesigen Schlafsälen und vergitterten Fenstern die übliche Unterbringung für Menschen mit psychischen Krankheiten. Zum Teil lebten die Patienten über Jahrzehnte hinweg in solchen Einrichtungen. Erst die Psychiatriereform Ende der 80er Jahre legte die Grundlagen für eine menschenwürdigere Versorgung. Die wichtigsten Elemente dieser Reform:
Enthospitalisierung, das heißt Klinikunterbringung ist möglichst zu vermeiden
Aufbau außerstationärer Angebote, zum Beispiel betreute Wohngemeinschaften, Tagesstätten und so weiter
Regionalisierung der psychiatrischen Versorgung

Von 1993 bis 1999 wurden in Berlin etwa 2000 Klinikbetten im psychiatrischen Bereich abgebaut. Ende 1999 gab es noch rund 3400 Betten. Auch die Verweildauer sank erheblich. 1993 blieben die Patienten durchschnittlich noch 70 Tage in der Klinik. Damit nahm Berlin einen Spitzenplatz ein, denn der Bundesdurchschnitt lag damals lediglich bei 50 Tagen. Fünf Jahre später betrug die durchschnittliche Verweildauer in Berlin nur noch 27 Tage - gegenüber 31 Tagen im Rest der Republik. Gleichzeitig entstanden im selben Zeitraum 1620 Plätze in betreuten Wohnformen. Damit stehen jetzt rund 2800 Plätze zur Verfügung, die sich gleichmäßig über alle Bezirke verteilen.

Hinter dem Bettenabbau steht also nicht nur der Sparzwang, sondern eine grundsätzliche Kehrtwende: Statt wie bisher chronisch psychisch Kranke in Fachkrankenhäusern aus der Öffentlichkeit auszugrenzen, soll ein Netz an Hilfsangeboten entstehen, die es dem Kranken ermöglichen, in seinem gewohnten Umfeld zu bleiben.

Die Gemeinschaftsinitiative URBAN unterstützt diese Ziele - ist doch die Integration benachteiligter Bevölkerungsgruppen ein wichtiges Anliegen von URBAN. Trotz der erfreulichen Entwicklung gibt es nach wie vor erhebliche Defizite. Immer noch leben in den psychiatrischen Fachkrankenhäusern und Heimen Langzeitkranke, die dort nicht sein müssten, wenn es Alternativen gäbe. Grund genug also für URBAN, die Enthospitalisierung psychisch Kranker zu einem Schwerpunkt zu machen.