Mediation ("Vermittlung")
Ein auf freiwilliger Kooperation beruhendes Verfahren, das von einem neutralen Vermittler koordiniert wird und in dem sich die Beteiligten um einen fairen Interessenausgleich und konstruktive Lösungen für bestimmte Themen und Konflikte bemühen.

Bürgerbeteiligung ist ein Grundpfeiler der Gemeinschaftsinitiative URBAN - so steht es in den Programmzielen. Um einen demokratischen Planungs- und Entscheidungsprozeß über die Verwendung der EU-Mittel sicherzustellen, unterstützte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz das URBAN-Projekt "Mediationsverfahren zur Begleitung der Modellwerkstatt ökosoziale Infrastruktur". Hinter dem sperrigen Begriff verbirgt sich vor allem die kontinuierliche Arbeit der Innovationswerkstatt. Dabei handelt es sich um einen kleinen Kreis engagierter Personen, die von Oktober 1996 bis Februar 1997 in sechs Sitzungen Anregungen für die weitere Projekt- und Programmentwicklung gegeben haben.

Die Psychologin Erika Dechert-Knarse ist eine der drei Mediatorinnen, die diesen Prozeß koordinierten: "Was ökosoziale Infrastruktur ist, kann nicht vom Schreibtisch aus entschieden werden. Wir sind davon ausgegangen, daß die Menschen vor Ort als Experten des Alltags die Defizite im Kiez am besten kennen und wissen, wo ein solches Programm ansetzen sollte".

In den Gesprächen der Vorbereitungsphase begegneten die Mediatorinnen immer wieder der Kritik am Zuschnitt des Fördergebiets: verschiedene, schon im Vorfeld ausgewählte Modellprojekte hätten die Festlegung des Gebiets entscheidend beeinflußt, die wirklichen sozialen Brennpunkte lägen aber gerade außerhalb dieser Grenzen.

Die Stärkung der lokalen Ökonomie, die Entwicklung tragfähiger Strukturen und die Einrichtung von offenen Kieztreffs für alle Zielgruppen der Bevölkerung - diesen drei Projektfeldern räumten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Innovationswerkstatt oberste Priorität ein.

Über die Zukunft wird vor Ort entschieden.


 

Somit ergeben sich keine großen Widersprüche zwischen den allgemeinen Zielen des Förderprogramms und den Wünschen der Menschen vor Ort. Reibungspunkte entstehen allerdings im mühevollen Prozeß der konkreten Projektauswahl und -gestaltung.

Kritisch beleuchtet die Innovationswerkstatt die Frage, wie es nach dem Ende der Förderzeit weitergehen soll. Viele Projekte im sozialen Bereich könnten die Idee, sich mit Hilfe der EU-Anschubfinanzierung eine sichere finanzielle Basis zu schaffen, bestimmt nicht umsetzen. Sie Würden immer von öffentlicher Förderung abhängig bleiben.

Natürlich haben die Akteure vor Ort unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse, zum Teil stehen sie - als Vertreter von Initiativen oder Vereinen - auch in direkter Konkurrenz um Fördergelder. Nicht nur deshalb ist Bürgerbeteiligung ein sensibles Gebilde, wie Erika Dechert-Knarse erläutert: Ganz entscheidend ist, daß Senat und B. & S.U. transparent machen, wie sie sich in ihren Entscheidungsprozessen auf die Arbeit der Innovationswerkstatt beziehen. Die Anregungen der Bürgerinnen und Bürger bieten ihrer Auffassung nach wichtige Ansatzpunkte für die Konkretisierung des schwer faßbaren Anspruches an Nachhaltigkeit, der an das gesamte Förderprogramm gestellt werde.

Wie wirken sich die Ergebnisse des Mediationsverfahrens aus auf die Arbeit der B.&S.U., des vom Senat beauftragten Gesamtprojektträgers? Bereichsleiterin Sabine Wortmann: "Die Impulse, die wir bekommen haben, sind in vielen Punkten eine wichtige Bestätigung für die Auswahl, was gefördert wird bzw. gefördert werden soll." Natürlich wurden auch Defizite benannt, zum Beispiel was die gezielte Unterstützung von Frauenprojekten betrifft. Darauf versuchte man durch eine stärkere Miteinbeziehung der Frauenbeauftragten zu reagieren.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Innovationswerkstatt mußten allerdings auch große Enttäuschungen hinnehmen: so entwickelten sie beispielsweise mit dem Vorschlag eines Tauschrings Projektideen im sozialen Bereich, die letztendlich scheiterten, weil die Förderkriterien von URBAN darauf nicht zugeschnitten sind.

Stichwort:
Nachhaltige Entwicklung

Nachhaltige Entwicklung ist das Gegenteil des Mottos "Nach uns die Sintflut" und bedeutet, die Lebensformen der Gegenwart so zu gestalten, daß die Ansprüche der heutigen Generation erfüllt werden können, ohne dabei die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen zu zerstören.

Lokale Agenda
Fridrichshain
Stefan Schrom
Telefon 030.444 27 33

Lokale Agenda
Weißensee
Lutz Silbernagel
Telefon 030.96 79 30 53
Fax 030.96 79 30 88

Lokale Agenda
Prenzlauer Berg
Bernd Rayer
Telefon 030.42 40 13 70
Fax 030.42 40 25 10

Nachhaltige Entwicklung ist der Schlüsselbegriff der "Agenda 21", des Aktionsprogrammes, das die Vereinten Nationen 1992 auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro verabschiedeten.

Zur Umsetzung dieses Programms ist nicht nur das Engagement der Regierungen, sondern die Einbindung aller gesellschaftlichen Gruppen notwendig. Lokale Initiativen aus allen Politikfeldern nehmen das langfristige Anliegen in faßbaren, konkreten Schritten in Angriff und engagieren sich in Bereichen wie Wohnen und Verkehr, Abfall und Konsum, Energie und Ernährung, Arbeitslosigkeit oder Migration. Während die Konsequenzen aus der Agenda 21 zunächst vor allem unter dem Aspekt der Umweltverträglichkeit diskutiert wurden, hat sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, daß zu nachhaltiger, zukunftsfähiger Entwicklung auch soziale Gerechtigkeit und ökonomische Sicherheit gehören.

Allerdings wird der Begriff dadurch leicht zu einem Etikett, das auf jedes vernünftige politische Anliegen geklebt werden kann. Das komplexe Leitbild "Nachhaltigkeit" gerät in Gefahr, beliebig zu werden.