Arbeitsplätze schaffen die Kleinen - Fragen an Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner


Welche Rolle spielen die Strukturfonds für die Wirtschaftsförderung in Berlin?

Sie können die nationalen Anstrengungen zur Lösung der Strukturprobleme nur ergänzen. Die Mittel für die regionale Wirtschaftsförderung kommen zu fast 80 Prozent von Bund und Ländern. Nur ein vergleichsweise geringer Teil wird also von Brüssel finanziert, auch wenn die EU im Rahmen der Beihilfenkontrollpolitik über die Vergabe der nationalen Gelder mitentscheidet.

Sind kleine Unternehmen besonders flexibel und anpassungsfähig, oder tun sie sich wegen fehlender finanzieller und personeller Ressourcen besonders schwer mit Innovation und Wettbewerbsfähigkeit?

Kleine Unternehmen haben im derzeitigen Strukturwandel große Chancen. Wir bauen in Berlin besonders auf sie, denn Arbeitsplätze werden vor allem durch Existenzgründungen geschaffen, nicht durch große Unternehmensansiedlungen. Um an größere Aufträge zu kommen, müssen kleine und mittlere Unternehmer allerdings sehr viel mehr als bisher zusammenarbeiten. In Süddeutschland sind solche Kooperationen ganz selbstverständlich – und erfolgreich. Defizite gibt es auch bei der Erschließung neuer Absatzmärkte. So hat sich zum Beispiel noch nicht überall herumgesprochen, daß Polen und damit 40 Millionen Konsumenten gerade mal 70 km entfernt sind.

Welche Branchen sind für kleine und mittlere Unternehmen zukunftsfähig?

Nach wie vor alles, was mit Dienstleistung zu tun hat. Dieser Bereich ist der Berliner Wirtschaftsmotor, seit 1990 sind hier 130000 zusätzliche Arbeitsplätze entstanden. Einen Bedarf an Fachkräften gibt es daneben vor allem in den Branchen Medien und Kommunikation sowie Verkehrs-, Informations- und Umwelttechnologie.


Stichwort Strukturfonds

Strukturfonds sind das wichtigste Instrument der europäischen Regionalpolitik. 30 Prozent des gesamten EU-Haushaltes werden dafür verwendet, Investitionen und Beschäftigung in strukturschwachen Regionen anzukurbeln. Durch einen wirtschaftlichen Ausgleich innerhalb der EU soll auch das soziale Gleichgewicht gefördert werden. Die Strukturfonds konzentrieren sich im Förderzeitraum der Jahre 2000 bis 2006 auf drei Ziele:
Ziel 1: Förderung von wirtschaftsschwachen Regionen mit einem Bruttoinlandsprodukt von weniger als 75 Prozent des EU-Durchschnitts. 70 Prozent der Strukturfondsgelder werden für die Ziel-1-Förderung verwendet.
Ziel 2: Unterstützung von Gebieten im Strukturwandel
Ziel 3: Hilfen für die Ausbildungs- und Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten

Von 1994 bis 1999 erhielt Berlin insgesamt zwei Milliarden DM aus den Strukturfonds, die wichtigsten sind der Europäische Sozialfonds (ESF) und der Europäische Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE). Während alle neuen Bundesländer auch im Förderzeitraum ab 2000 Ziel-1-Region bleiben, verliert der Ostteil Berlins diesen Status, erhält aber als „auslaufendes Ziel-1-Gebiet” in den nächsten sechs Jahren insgesamt 730 Millionen Euro, also rund 1,4 Milliarden DM. Diese Summe bezeichnet EU-Kommissarin Monika Wulf-Mathies als „guten Kompromiß”.